Möchten Sie Ihren Autokredit widerrufen, weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist? Erfahren Sie hier, wie Sie vorgehen können und welche Chancen bestehen.

Der Widerruf von Autokrediten ist ein Thema, das in den letzten Jahren – nicht zuletzt durch den Dieselskandal – erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Besonders im Fokus steht dabei die Möglichkeit, einen Autokredit auch nach Ablauf der üblichen 14-tägigen Widerrufsfrist zu widerrufen, wenn die Widerrufsbelehrung im Vertrag fehlerhaft war.
Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, die aktuelle Rechtsprechung, die Voraussetzungen und das Vorgehen beim Widerruf eines Autokredits aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung.
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Ein Autokredit ist in der Regel ein Verbraucherdarlehensvertrag. Für solche Verträge sieht das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ein Widerrufsrecht vor. Dieses kann grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss ohne Angabe von Gründen ausgeübt werden. Die Bank oder das Kreditinstitut ist verpflichtet, den Kunden ordnungsgemäß und umfassend über sein Widerrufsrecht zu belehren.
Fehlt diese Belehrung oder ist sie fehlerhaft, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen – mit der Folge, dass der Kreditnehmer den Vertrag unter Umständen auch Jahre später noch widerrufen kann. Dieses sogenannte „ewige Widerrufsrecht“ wurde durch zahlreiche Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesgerichtshofs (BGH) geprägt.
Fehlerhafte Widerrufsbelehrung: Was bedeutet das?
Eine Widerrufsbelehrung ist fehlerhaft, wenn sie den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht. Typische Fehler sind:
- Unvollständige oder unklare Angaben zur Widerrufsfrist
- Unzureichende Information über die Folgen des Widerrufs
- Verweise auf Paragraphen ohne konkrete Erläuterung („Kaskadenverweise“)
- Fehlende oder missverständliche Pflichtangaben (z.B. zum effektiven Jahreszins, zur Rückabwicklung)
Gerade bei Autokrediten aus den letzten Jahren wurden häufig Mustertexte verwendet, die nicht alle gesetzlichen Vorgaben korrekt umsetzen. Besonders die sogenannten Kaskadenverweise, bei denen der Verbraucher von einem Paragraphen zum nächsten verwiesen wird, wurden vom EuGH als intransparent und damit unzulässig eingestuft.
Die Entwicklung der Rechtsprechung
Der „Widerrufsjoker“ und die EuGH-Urteile
Der Begriff „Widerrufsjoker“ bezeichnet die Möglichkeit, einen Vertrag auch nach Ablauf der regulären Widerrufsfrist zu widerrufen, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Der EuGH hat in mehreren Urteilen (insbesondere am 9. September 2021, Az.: C-33/20, C-155/20, C-187/20) die Rechte der Verbraucher deutlich gestärkt. Demnach kann ein Kreditvertrag bis zur letzten Rate widerrufen werden, wenn die Pflichtangaben nicht vollständig oder korrekt waren.
Einschränkungen durch den EuGH und BGH
Allerdings hat der EuGH seine verbraucherfreundliche Linie Ende 2023 eingeschränkt. Nun beginnt die Widerrufsfrist auch bei fehlerhaften Pflichtangaben zu laufen, sofern diese Fehler nicht die Fähigkeit des Verbrauchers beeinträchtigen, seine Rechte und Pflichten zu verstehen und eine informierte Entscheidung zu treffen (Urteil vom 21.12.2023, Az.: C-38/21, C-47/21, C-232/21).
Der BGH hat diese Rechtsprechung übernommen und in aktuellen Urteilen klargestellt, dass nicht jeder Fehler in der Widerrufsbelehrung automatisch ein „ewiges Widerrufsrecht“ begründet. Entscheidend ist, ob der Fehler wesentlich ist und den Verbraucher tatsächlich benachteiligt.
Voraussetzungen für den erfolgreichen Widerruf
Um einen Autokredit erfolgreich widerrufen zu können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Kreditvertrag wurde nach dem 10. Juni 2010 abgeschlossen (ab diesem Zeitpunkt gelten strenge gesetzliche Vorgaben für Widerrufsbelehrungen).
- Die Widerrufsbelehrung ist fehlerhaft, unvollständig oder intransparent.
- Der Vertrag ist noch nicht vollständig abgewickelt (d.h. das Darlehen ist noch nicht vollständig zurückgezahlt).
- Der Fehler in der Widerrufsbelehrung ist wesentlich und hat die Entscheidungsfähigkeit des Verbrauchers beeinträchtigt.
Ablauf des Widerrufs
Prüfung des Kreditvertrags
Zunächst sollte der Kreditvertrag von einem spezialisierten Anwalt geprüft werden. Für Laien ist es oft schwierig zu erkennen, ob tatsächlich ein relevanter Fehler vorliegt. Viele Kanzleien bieten eine kostenlose Erstprüfung an.
Erklärung des Widerrufs
Der Widerruf muss schriftlich gegenüber der Bank erklärt werden. Es empfiehlt sich, den Widerruf per Einschreiben mit Rückschein zu versenden, um einen Nachweis zu haben.
Rückabwicklung des Vertrags
Nach einem erfolgreichen Widerruf wird der Vertrag rückabgewickelt. Das bedeutet:
- Der Kreditnehmer gibt das finanzierte Fahrzeug an die Bank zurück.
- Die Bank erstattet dem Kreditnehmer die gezahlten Raten und die Anzahlung – abzüglich eines Ausgleichs für den Wertverlust des Fahrzeugs.
- Die Ansprüche werden miteinander verrechnet.
Wirtschaftliche und rechtliche Folgen
Ein erfolgreicher Widerruf kann für den Verbraucher erhebliche finanzielle Vorteile bringen. Insbesondere in Fällen, in denen das Fahrzeug einen hohen Wertverlust erlitten hat (z.B. Dieselfahrzeuge nach dem Abgasskandal), kann der Widerruf eine attraktive Möglichkeit sein, sich vom Vertrag zu lösen und einen Großteil der gezahlten Beträge zurückzuerhalten.
Allerdings muss der Kreditnehmer mit Gegenforderungen der Bank rechnen, insbesondere für den Nutzungsausgleich (Wertverlust durch gefahrene Kilometer). Außerdem besteht ein Kostenrisiko, falls die Bank den Widerruf nicht akzeptiert und es zu einem Gerichtsverfahren kommt. Viele Anwälte übernehmen solche Fälle nur bei bestehender Rechtsschutzversicherung.
Besonderheiten bei verbundenen Verträgen
Häufig ist der Autokredit mit dem Kaufvertrag für das Fahrzeug verbunden. In diesem Fall führt der Widerruf des Kreditvertrags automatisch auch zur Rückabwicklung des Kaufvertrags. Das bedeutet, der Verbraucher gibt das Auto zurück und erhält im Gegenzug die geleisteten Zahlungen zurück – abzüglich des Nutzungsausgleichs.
Häufige Fehlerquellen in Autokreditverträgen
Zu den häufigsten Fehlern in Widerrufsbelehrungen zählen:
- Fehlende Angaben zur Fristberechnung
- Unklare Formulierungen
- Kaskadenverweise auf Gesetzestexte ohne Erläuterung
- Unvollständige Angaben zu den finanziellen Folgen eines Widerrufs
- Fehlende Informationen über den Umgang mit bereits empfangenen Leistungen
Aktuelle Urteile und deren Bedeutung
Die Rechtsprechung zum Widerrufsjoker ist im Wandel. Während der EuGH in der Vergangenheit sehr verbraucherfreundlich urteilte, hat er zuletzt die Anforderungen verschärft. Der BGH folgt dieser Linie und prüft nun im Einzelfall, ob der Fehler in der Widerrufsbelehrung tatsächlich wesentlich war und den Verbraucher benachteiligt hat.
Verbraucher sollten daher nicht davon ausgehen, dass jeder Fehler automatisch einen Widerruf ermöglicht. Eine sorgfältige Prüfung durch einen Experten ist unerlässlich.
Schritt-für-Schritt-Anleitung: So gehen Sie vor
- Vertrag prüfen lassen: Suchen Sie einen spezialisierten Anwalt auf und lassen Sie Ihren Kreditvertrag auf Fehler in der Widerrufsbelehrung prüfen.
- Widerruf erklären: Liegt ein relevanter Fehler vor, erklären Sie schriftlich den Widerruf gegenüber der Bank.
- Rückabwicklung abwarten: Die Bank prüft den Widerruf und wickelt im Erfolgsfall den Vertrag rückab.
- Fahrzeug zurückgeben: Sie geben das Auto an die Bank zurück.
- Erstattung erhalten: Sie erhalten Ihre gezahlten Raten und die Anzahlung zurück, abzüglich des Nutzungsausgleichs.
- Gerichtliche Klärung: Lehnt die Bank den Widerruf ab, kann eine Klage notwendig werden. Hier empfiehlt sich eine Rechtsschutzversicherung.
Fazit: Chancen und Risiken des Widerrufs
Der Widerruf eines Autokredits bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung bleibt trotz zwischenzeitlicher Einschränkungen der Rechtsprechung eine interessante Option für viele Kreditnehmer. Besonders bei Verträgen, die nach dem 10. Juni 2010 abgeschlossen wurden, bestehen gute Chancen, dass Fehler in der Belehrung vorliegen.
Allerdings ist das Widerrufsrecht kein Selbstläufer. Die Gerichte prüfen heute sehr genau, ob der Fehler tatsächlich wesentlich ist und den Verbraucher benachteiligt hat. Wer einen Widerruf in Erwägung zieht, sollte daher unbedingt eine rechtliche Prüfung vornehmen lassen und die wirtschaftlichen Folgen sorgfältig abwägen.
Wichtiger Hinweis: Die rechtliche Lage ist komplex und unterliegt ständiger Veränderung. Eine individuelle Rechtsberatung ist unerlässlich, um die Erfolgsaussichten im eigenen Fall realistisch einschätzen zu können.
Tipp: Lassen Sie Ihren Autokreditvertrag von einem Fachanwalt prüfen, bevor Sie einen Widerruf erklären. So vermeiden Sie unnötige Kosten und Risiken.
Zusammenfassung:
Der Widerruf eines Autokredits wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung bietet Verbrauchern die Möglichkeit, sich auch nach Ablauf der regulären Widerrufsfrist vom Vertrag zu lösen. Voraussetzung ist eine fehlerhafte, unvollständige oder intransparente Belehrung.
Die aktuelle Rechtsprechung verlangt jedoch, dass der Fehler wesentlich ist und den Verbraucher tatsächlich benachteiligt. Eine sorgfältige Prüfung und rechtliche Beratung sind daher unerlässlich, um die Chancen und Risiken eines Widerrufs realistisch einzuschätzen.