Wissen Sie, welche Methoden im Inkasso erlaubt sind und welche rechtlichen Grenzen Inkassounternehmen nicht überschreiten dürfen?

Inkassounternehmen sind ein fester Bestandteil des modernen Wirtschaftslebens. Sie übernehmen für Gläubiger das Eintreiben offener Forderungen und sind damit häufig die erste Anlaufstelle, wenn Rechnungen unbezahlt bleiben. Doch das Thema Inkasso ist für viele Verbraucher mit Unsicherheit, Ängsten und Vorurteilen behaftet.
Dieser umfassende Artikel klärt, was Inkassounternehmen dürfen, welche Rechte und Pflichten sie haben, wo die Grenzen liegen und wie Schuldner sich gegen unrechtmäßige Forderungen wehren können.
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Inkasso bezeichnet das gewerbliche Einziehen von Forderungen im Auftrag eines Gläubigers. Das Inkassounternehmen übernimmt dabei die Aufgabe, den Schuldner zur Zahlung zu bewegen – entweder außergerichtlich oder, falls nötig, auch gerichtlich. Der Inkassovertrag ist rechtlich als Geschäftsbesorgungsvertrag ausgestaltet (§ 675 BGB), wobei das Unternehmen im Namen und Auftrag des Gläubigers handelt oder die Forderung sogar aufkauft.
Rechtliche Grundlagen des Inkassos
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Das BGB regelt die grundlegenden Voraussetzungen für das Entstehen und die Durchsetzung von Forderungen. Besonders relevant sind:
- § 286 BGB: Regelt den Verzug des Schuldners. Erst wenn sich der Schuldner im Verzug befindet, dürfen Inkassokosten geltend gemacht werden.
- § 288 BGB: Bestimmt die Höhe der Verzugszinsen.
Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)
Das RDG regelt die Erbringung von Rechtsdienstleistungen, zu denen auch Inkassodienstleistungen zählen. Nur registrierte Unternehmen dürfen Inkasso betreiben. Die Registrierung erfolgt im Rechtsdienstleistungsregister, das öffentlich einsehbar ist.
Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken
Dieses Gesetz stärkt die Rechte der Verbraucher und verpflichtet Inkassounternehmen zu mehr Transparenz und fairen Methoden. Es regelt unter anderem Informationspflichten und verbietet unlautere Drohungen.
Voraussetzungen für zulässiges Inkasso
Berechtigte Forderung
Eine Grundvoraussetzung ist, dass tatsächlich eine berechtigte Forderung besteht. Das heißt, der Schuldner hat eine Leistung erhalten, aber nicht bezahlt. Die Forderung muss klar und nachvollziehbar sein. Unberechtigte oder zweifelhafte Forderungen dürfen nicht eingetrieben werden.
Verzug des Schuldners
Inkassounternehmen dürfen erst tätig werden, wenn sich der Schuldner im Verzug befindet. Das ist in der Regel der Fall, wenn
- eine Rechnung gestellt wurde und
- das Zahlungsziel überschritten ist oder
- eine Mahnung erfolgte.
Eine vorherige Mahnung ist nicht zwingend erforderlich, wenn im Vertrag ein konkretes Zahlungsziel vereinbart wurde oder die gesetzliche 30-Tage-Regel greift.
Was Inkassounternehmen dürfen
Zahlungsaufforderungen versenden
Inkassounternehmen dürfen Schuldner zur Zahlung auffordern, sofern die Forderung berechtigt und der Schuldner im Verzug ist. Die Zahlungsaufforderung muss folgende Informationen enthalten:
- Name und Anschrift des Gläubigers
- Forderungsgrund und Vertragsdaten
- Höhe der Hauptforderung, Zinsen, Inkassokosten und deren Berechnung
- Kontaktdaten des Inkassounternehmens
- Hinweise auf Widerspruchsmöglichkeiten.
Inkassokosten fordern
Inkassounternehmen dürfen für ihre Tätigkeit Gebühren verlangen. Diese müssen jedoch verhältnismäßig und dürfen nicht höher als die Gebühren eines Rechtsanwalts für eine vergleichbare Tätigkeit sein. Die Kosten müssen transparent und nachvollziehbar aufgeschlüsselt werden.
Gerichtliches Mahnverfahren einleiten
Bei unbestrittenen Forderungen können Inkassounternehmen einen gerichtlichen Mahnbescheid beantragen. Wird diesem nicht widersprochen, kann ein Vollstreckungsbescheid erwirkt werden, der zur Zwangsvollstreckung berechtigt.
Schufa-Eintrag unter bestimmten Bedingungen
Inkassounternehmen dürfen einen negativen Schufa-Eintrag nur dann veranlassen, wenn die Forderung unbestritten ist, der Schuldner mindestens zweimal schriftlich angemahnt wurde, auf die bevorstehende Meldung hingewiesen wurde und die Zahlung weiterhin ausbleibt.
Was Inkassounternehmen nicht dürfen
Keine Sonderrechte
Inkassounternehmen haben keine weitergehenden Rechte als der ursprüngliche Gläubiger. Sie dürfen insbesondere nicht:
- Wohnungen oder Grundstücke betreten
- Sachen pfänden
- Gewalt anwenden oder mit strafrechtlichen Konsequenzen drohen.
Nur Gerichtsvollzieher dürfen im Rahmen einer Zwangsvollstreckung Maßnahmen wie Pfändungen oder Wohnungsbetretungen durchführen.
Unzulässige Drohungen und Einschüchterungen
Nicht erlaubt sind:
- Drohungen mit Maßnahmen, die nicht unmittelbar bevorstehen (z. B. sofortige Zwangsvollstreckung ohne Titel)
- Drohungen mit strafrechtlicher Anzeige ohne tatsächlichen Anlass
- Androhung eines Schufa-Eintrags bei bestrittenen oder unberechtigten Forderungen
- Nächtliche Anrufe oder das Befragen von Nachbarn.
Unangemessene Inkassokosten
Inkassounternehmen dürfen keine überhöhten oder nicht nachvollziehbaren Gebühren verlangen. Unzulässig sind insbesondere:
- Kosten für Tätigkeiten, die nicht erbracht wurden
- Mehrfache Berechnung derselben Leistung
- Gebühren, die über die gesetzlich zulässigen Sätze hinausgehen.
Datenweitergabe ohne Rechtsgrundlage
Die Weitergabe von Schuldnerdaten an Auskunfteien wie die Schufa ist nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt. Bei bestrittenen oder offensichtlich unberechtigten Forderungen ist dies untersagt.
Informations- und Nachweispflichten der Inkassounternehmen
Inkassounternehmen sind verpflichtet, dem Schuldner auf Verlangen folgende Informationen und Nachweise zu liefern:
- Name und Anschrift des Gläubigers
- Genaue Bezeichnung der Forderung und des Vertrags
- Datum des Vertragsschlusses
- Berechnung der Zinsen und Inkassokosten
- Nachweis der Beauftragung oder Abtretung.
Fehlen diese Angaben oder werden sie nicht auf Nachfrage bereitgestellt, ist besondere Vorsicht geboten.
Wie erkennt man seriöse Inkassounternehmen?
Seriöse Inkassounternehmen
- sind im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen
- geben vollständige Kontaktdaten und Gläubigerinformationen an
- legen die Forderung nachvollziehbar dar
- setzen keine unzulässigen Drohungen ein
- bieten die Möglichkeit, der Forderung zu widersprechen.
Im Zweifelsfall kann die Registrierung kostenfrei online überprüft werden.
Rechte und Pflichten der Schuldner
Prüfung der Forderung
Schuldner sollten jede Inkassoforderung sorgfältig prüfen:
- Ist die Forderung berechtigt?
- Wurde die Leistung tatsächlich erbracht?
- Sind die Kosten nachvollziehbar?
- Wurde die Forderung bereits bezahlt oder bestritten?
Unberechtigte oder zweifelhafte Forderungen sollten umgehend schriftlich bestritten werden.
Widerspruch gegen unberechtigte Forderungen
Gegen unberechtigte oder überhöhte Forderungen kann und sollte der Schuldner schriftlich Widerspruch einlegen. Der Widerspruch sollte begründet und nachweisbar (z. B. per Einschreiben) erfolgen.
Keine voreiligen Zahlungen
Zahlen Sie nur, wenn die Forderung berechtigt und die Kosten angemessen sind. Unberechtigte Forderungen müssen nicht beglichen werden. Lassen Sie sich im Zweifel rechtlich beraten.
Schutz vor unseriösen Methoden
Wer sich durch ein Inkassounternehmen bedroht oder genötigt fühlt, kann dies der zuständigen Aufsichtsbehörde melden oder Strafanzeige erstatten.
Ablauf eines Inkassoverfahrens
Schritt | Beschreibung |
---|---|
1. Rechnung | Der Gläubiger stellt eine Rechnung und setzt ein Zahlungsziel. |
2. Mahnung | Nach Ablauf des Zahlungsziels erfolgt meist eine Mahnung. |
3. Inkasso | Bleibt die Zahlung aus, wird ein Inkassounternehmen beauftragt. |
4. Zahlungsaufforderung | Das Inkassounternehmen fordert zur Zahlung auf und legt Kosten offen. |
5. Gerichtliches Mahnverfahren | Bei Nichtzahlung kann ein gerichtlicher Mahnbescheid beantragt werden. |
6. Vollstreckung | Nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids kann ein Gerichtsvollzieher beauftragt werden. |
Typische Fehler und Fallen
- Ignorieren von Inkassoschreiben: Dies kann zu weiteren Kosten und einem gerichtlichen Mahnverfahren führen.
- Zahlen ohne Prüfung: Unberechtigte Forderungen werden so anerkannt.
- Telefonische Auskünfte: Geben Sie keine sensiblen Daten am Telefon preis.
- Drohungen ernst nehmen: Lassen Sie sich nicht einschüchtern, sondern prüfen Sie die Rechtslage.
Gesetzliche Neuerungen und Verbraucherschutz
Mit dem Inkassorechtsreformgesetz (seit 2021) wurden die Rechte der Verbraucher weiter gestärkt. Inkassounternehmen müssen seitdem noch transparenter über die Forderung und die Kosten informieren. Die Gebühren für Inkasso bei geringfügigen Forderungen wurden gedeckelt, um Verbraucher vor überhöhten Kosten zu schützen.
Ab 2025 wird die Aufsicht über Inkassodienstleistungen zentral durch das Bundesamt für Justiz geführt, was eine einheitliche Kontrolle und mehr Verbraucherschutz gewährleisten soll.
Was tun bei Betrugsversuchen?
Immer häufiger kursieren gefälschte Inkassoschreiben, die auf Betrug abzielen. Typische Merkmale sind:
- Fehlende oder unvollständige Angaben zum Gläubiger
- Unklare oder nicht nachvollziehbare Forderungen
- Aufforderung zur Zahlung auf ausländische Konten
- Keine Möglichkeit zum Widerspruch
Im Zweifel sollte man keine Zahlungen leisten, sondern sich an eine Verbraucherzentrale oder einen Anwalt wenden.
Fazit
Inkasso ist ein rechtlich streng reguliertes Feld. Inkassounternehmen dürfen offene, berechtigte Forderungen einziehen, müssen sich dabei aber an klare gesetzliche Vorgaben halten. Sie haben keine Sonderrechte und dürfen Schuldner nicht unter Druck setzen, bedrohen oder mit unzulässigen Maßnahmen drohen.
Schuldner wiederum sollten jede Forderung sorgfältig prüfen, unberechtigte Ansprüche bestreiten und sich im Zweifel rechtlich beraten lassen. Die gesetzlichen Regelungen und der Verbraucherschutz bieten einen wirksamen Schutz vor unseriösen Praktiken.
Weiterführende Tipps für Verbraucher
- Prüfen Sie jede Forderung sorgfältig.
- Lassen Sie sich nicht einschüchtern.
- Nutzen Sie das Rechtsdienstleistungsregister zur Überprüfung von Inkassounternehmen.
- Holen Sie im Zweifel rechtlichen Rat ein.
- Melden Sie unseriöse Praktiken den zuständigen Behörden.
Mit diesem Wissen sind Sie für den Umgang mit Inkassounternehmen bestens gerüstet und können Ihre Rechte souverän wahrnehmen.